Zwischen dem Elend und dem Glück gähnt eine tiefe Kluft.
Die Hoffnung schlägt darüber die Brücke, aber sie hängt in der Luft.
(Heinrich Leuthold)
Morgens in meinem Hood. Ich verlasse das Haus und treffe meinen Nachbarn, Rentner Müller, immer für’n Spasss zu haben. Er geht gerade seiner Frühbeschäftigung nach als Pfandjäger. In den Mülltonnen läge seine Zukunft, sagt er. Die Hoffnung auf ein wenig Ruhestand mit Würde hat er aufgegeben. Kannste vergessen,is einfach nicht gewollt, sein letzter Kommentar,bevor ich verschwinde. Im Supermarkt treff ich Hannes, seines Zeichens Ingeniuer, heute Taxifahrer, nach 100 erfolglosen Bewerbungen, ist für ihn der mutmassliche Fachkräftemangel nur Lug und Trug. Später im Cafe setz ich mich zu Paul an den Tisch. Paul wandert von einem schlechtbezahlten Praktikuum zum Nächsten. Die wohlwollenden Versprechungen seiner gefühlt letzten 20 Arbeitgeber kotzen ihn nur noch an, aber keulen durfte er wie’n Hund. Auf der Strasse kommt mir Schichten-Otto entgegen. Wir nennen ihn so, weil er seit Anbeginn der Zeit in 3-Schichten wuppt.Blass sieht er aus, der Otto. Ich frage ihn, was los sei, Bandscheibe und Nervenzusammenbruch. Höllische Kombi denk ich.
Frührentner, das war’s, mit minimal Rente und Aufstockung,Puuhhh, finster kannste auch nicht von leben und sterben. Am Kiosk umme Ecke stehen Peter und Heinz mit ’n Bierchen inner Hand. Beide über 50, langzeitarbeitslos, gelten als unvermittelbar, aber zu jeder Schandtat bereit. Gegenüber am Spielplatz hängt ’n Clique von Jungendlichen ab. Ein paar Gesichter kenn ich vonner Kneipe bei mir gegenüber. Spontan fallen mir die gestrigen Nachrichten ein : ‚Jugendliche im Strudel der Perspektivlosigkeit,‘ So sieht’s auch aus.
Zuhause angekommen, kurz Kaffee aufgesetzt, Brötchen geschmiert und ab vor die Kiste. Krankgeschrieben, da hilft nur ein Serienmarathon.
In diesem Sinne. Guten Appetit
Ist das Volk erst ruiniert, regierts sich völlig ungeniert. (f.fun.k)